Verband der Schulaufsicht des Landes Thüringen e. V.
Mitgliedsverband im tbb beamtenbund und tarifunion thüringen
Mitglied der Konferenz der Schulaufsicht der Bundesrepublik Deutschland KSD

Vorbemerkungen

Der Verband der Schulaufsicht des Landes Thüringen als die zuständige Fachgewerkschaft innerhalb des Thüringer Beamtenbundes hat sich seit bekannt werden der Pläne der Landesregierung zur Umgestaltung der unteren staatlichen Schulaufsicht sehr intensiv - und wie wir meinen außerordentlich sachgerecht - mit dem Reformvorhaben und seinen, zunächst nur vermuteten Auswirkungen auf die Wirksamkeit des zukünftigen schulaufsichtlichen Handelns befasst und sich in vielfältiger Weise mit Sachanalysen und eigenen Vorschlägen kritisch an der Vorbereitung des Umgestaltungsprozesses beteiligt.

Es soll an dieser Stelle ausdrücklich festgestellt werden, dass der VSLT Plänen zur Erreichung einer höheren Effektivität der Arbeitsweise der staatlichen Schulämter, die gegebenenfalls auch mit einer Ämter- und Personalreduzierung verbunden sein würden, zunächst vorbehaltlos und aufgeschlossen gegenüber gestanden hat und nicht zuletzt deshalb von Anfang des Prozesses an seine konstruktive Mitarbeit im Vorbereitungsprozess der Reform angeboten hatte. Die Beteiligung an der vom TMBWK eingesetzten Kommission war dann auch folgerichtig.
Die im Zeitraum der Arbeit der Kommission vertretenen Positionen sind weithin bekannt, so dass an dieser Stelle auf eine umfassende Darstellung der betreffenden Sachverhalte verzichtet wird.
Es bleibt allerdings festzustellen, dass der VSLT die seitens des Thüringer Ministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur dem Kabinett schließlich im Februar 2011 vorgeschlagenen wesentlichen Eckpunkte der Umgestaltung, die sich erheblich von den in der Kommission erarbeiteten unterschieden (u.a. 70 Schulaufsichtsreferenten; jetzt 35), nicht mittragen konnte. Die Hauptgründe sollen hier nochmals in Erinnerung gerufen werden.

Der Verband der Schulaufsicht hielt die Reduzierung der Ämterzahl von elf (de facto dreizehn) auf fünf für zu einschneidend, weil die neuen Aufsichtsbereiche, insbesondere vor dem Hintergrund der territorialen Gliederung Thüringens und in deren Folge kleinteiliger Gebietskörperschaften, zu groß und damit die Erreichbarkeit der Einzelschule in vielen Fällen erheblich erschwert werden würde. Im Kontext zum innerhalb der Landesregierung geführten Streit über die Notwendigkeit und das mögliche Ausmaß einer Gebietsreform hielten wir zudem eine so einschneidende Reduzierung der Ämterzahl für verfrüht.

Eine außerordentlich kritische Haltung musste der Verband der Schulaufsicht zum vorgesehenen Personalkonzept des Ministeriums einnehmen. Besonders negative Auswirkungen nicht nur auf die Effektivität schulaufsichtlichen Handelns, sondern auch dessen Wirksamkeit befürchtete der VSLT aufgrund der Absicht der Führung des TMBWK, das unmittelbar schulaufsichtlich tätige Fachpersonal von 87 Referenten auf nur noch 35 pädagogisch qualifizierte Bedienstete zu reduzieren und dies einhergehend mit einer für die Bundesrepublik Deutschland beispiellosen Besoldungsreduzierung, bei der die Zahl der Amtsinhaber der maßgeblichen Ämter im Schulaufsichtsdienst (A15, A14) von 78 (Basisjahr 2010) auf nur noch 15 reduziert werden soll. Schulaufsichtsbeamte mit Führungs-, Aufsichts- und nicht zuletzt auch Vorbildfunktion gegenüber Schulleitern künftig überwiegend mit A13 besolden zu wollen, musste seitens unserer Fachgewerkschaft mit Blick auf die zukünftige Ausstattung der Aufsichtsreferate mit qualifiziertem und berufserfahrenen Fachpersonal nachdrücklich widersprochen werden.

Eine ebenso kritische Haltung, die im Übrigen nicht nur von der KSD – Konferenz der Schulaufsicht Deutschlands – sondern auch von renommierten Schulrechtlern unterstützt wird, hat der VSLT zum vorgesehenen strukturellen Umbau der staatlichen Schulämter eingenommen.
Zwei Aspekte ragen bei der Bewertung der angedachten neuen Struktur als besonders bedenklich heraus:
In der Zukunft soll die Anzahl der verwaltungsfachlichen Mitarbeiter erheblich die Zahl der pädagogisch qualifizierten Bediensteten übersteigen. Allein die von uns unterstützte, deutliche Erhöhung der Schulpsychologenstellen verhindert das „Umkippen“ der Schulämter in reine Verwaltungsbehörden. Die deutliche Verschiebung der Personalstruktur in Richtung einer Mitarbeiterschaft mit Schwerpunkt in der mittleren und gehobenen Verwaltungslaufbahn, muss geradezu die Befürchtungen verstärken, der Verfassungsauftrag der staatlichen Schulaufsicht, der in erster Linie gleiche Entwicklungschancen für jedes Kind und jeden Jugendlichen sichern helfen soll, gerät zukünftig in eine untergeordnete Funktion.

Eine Dominanz personalverwaltenden und schulrechtsbefassten gegenüber schulberatenden und schulaufsichtlich determinierten Handelns der Thüringer Staatlichen Schulämter darf aus unserer Sicht nicht zugelassen werden.
Im Rückblick auf den im Wege der Dialogischen Schulaufsicht erfolgreich gestalteten Transformations-prozess des früheren Volksbildungswesens in ein demokratisch und pluralistisch verfasstes Schulwesen, halten wir diesen Leitgedanken für unverzichtbar.

Als richtig bewertete der VSLT die Reduzierung der Arbeitsbereiche von drei auf zwei und die damit einhergehende (Wieder)zusammenführung von Schulaufsicht(Qualitätssicherung) und Schulentwicklung/Schulentwicklungsberatung in einem Arbeitsbereich. Die Übertragung der Referatestruktur des Ministeriums – dort mit hoher Mitarbeiterdichte- auf die staatlichen Schulämter mit z. T. Ein- oder Zweipersonenreferaten traf hingegen im VSLT auf ein weitgehend geteiltes Echo.

Einigkeit wiederum bestand und besteht in der Kritik jenes Sachverhaltes, der damit beschrieben werden kann, dass vom Aufkommen der ersten Reformumrisse bis zu deren Inkrafttreten am 1. Januar 2012 keinerlei Ansätze des Ministeriums sichtbar wurden, die Umgestaltung der Thüringer Schulaufsicht einhergehen zu lassen mit wissenschaftlich gestützter Aufgabenkritik und einer daraus resultierenden Neubeschreibung der schulaufsichtlichen Kernaufgaben, die künftig mit deutlich reduziertem Fachpersonal noch bewältigt werden können. Allein einzelne kritische Anmerkungen des Rechnungshofes hinsichtlich der Effektivität bestimmter Arbeitsabläufe reichen aus unserer Sicht nicht als Basis für einen umfassenden Umgestaltungsprozess aus.

Ein Jahr Umgestaltung der Thüringer unteren Schulaufsicht – Sachstand

Zu unserem Bedauern hatte die Führung des TMBWK nicht eine einzige der von uns im Vorfeld vorgetragenen kritischen Anmerkungen, aber auch keinen der nach unserer Überzeugung durchaus konstruktiven Vorschläge einer sachgerechten Bewertung unterzogen oder gar berücksichtigt.
Jedes VSLT-Vorstandsmitglied hat dennoch nach Inkraftsetzung der Schulämterreform den Umbauprozess, soweit dies in seinem dienstlichen Aufgabenbereich liegt, mit allen Kräften unterstützt. Dass wir als gewähltes Führungsgremium einer Fachgewerkschaft den Prozess kritisch begleiten würden, steht dazu nicht im Widerspruch.

Der Verband der Schulaufsicht des Landes Thüringen beschreibt den Sachstand aus der Sicht der Bediensteten nun nach knapp einem Jahr Wirksamwerden des maßgeblichen Kabinettsbeschlusses und der damit einhergehenden Inkraftsetzung der entsprechenden Rechtsverordnung.
Der Vorstand des VSLT hat sich in den letzten Monaten ein, wie wir meinen, recht zutreffendes Bild von der Situation in den fünf neuen Schulämtern gemacht, u.a. durch Vor-Ort-Besuche, Gespräche mit deren amtierenden Leitern und vor allem mit Mitgliedern des Verbandes und Mitarbeitern der Schulämter. Die zahlreichen Informationen und Hinweise aus den Schulämtern, die in den letzten Monaten den VSLT-Vorstand erreichten, flossen nunmehr in eine gründliche Analyse ein.

Um es vorweg zu nehmen; wesentliche neue und vor allem Optimismus und Zuversicht begründende Erkenntnisse wurden nicht gewonnen. Es bestätigte sich hingegen, was sich in den zurückliegenden Monaten immer deutlicher abgezeichnet hatte.

Während für zwei Ämter zumindest die materiell-technische Situation durchaus den Ansprüchen an eine moderne Verwaltung gerecht wird (Nord und Süd) und in Gera und Weimar – nach neun- bzw. elfmonatigem Provisorium mit bis zu 4 (!) Standorten der Umzug unter ein gemeinsames Dach gegenwärtig vollzogen wird, ist die Lage des Schulamtes Westthüringen nach wie vor völlig unbefriedigend. Die Herrichtung des Standortes Gotha ist noch immer nicht abzusehen und das Provisorium mit den alten Standorten Eisenach, Bad Langensalza und z. T. Rudolstadt wird sehr wahrscheinlich noch mindestens bis 2014 andauern und den Bediensteten die korrekte Erledigung aller dienstlichen Aufgaben, die Suche nach neuen Zusammenarbeitsstrukturen eingeschlossen, weiterhin erheblich erschweren.
In Mittelthüringen kann voraussichtlich Anfang 2013 endlich der Standort Erfurt aufgegeben werden. Die materiell-technische Ausstattung der Amtsobjekte, die Größe der Räumlichkeiten, die Lage am jeweiligen Standort, die Ausstattung der Büros mit moderner Kommunikationstechnik, die zur Verfügung stehenden Arbeitsflächen – für die Beratungsflächen mit gewissen Einschränkungen – etc., alles im Komplex betrachtet, wird zu einem überwiegenden Teil als gut, angemessen und ausreichend bewertet.

Die Arbeit unter einem Dach in den Schulämtern Nord und Süd hilft zumindest ein Stück, die laufenden Dienstgeschäfte und die operativen Anforderungen an die Schulaufsicht, die inzwischen mit immer kürzeren Terminsetzungen verbunden sind, einigermaßen sachgerecht nachzukommen.

Noch befindet sich aber auch in diesen Ämtern die neue Referatsstruktur in einem Erprobungsprozess, in dem insbesondere noch völlig offen ist, ob sich die Hierarchie Schulamtsleiter-Arbeitsbereichsleiter-Referatsleiter-Referent als praktikabel herausstellen wird, insbesondere dann, wenn Bedienstete in Personalunion gleich drei Hierarchiestufen verkörpern oder wenn einem Referatsleiter gerade mal ein Referent zugeordnet ist.
Wenngleich das Amt Südthüringen bereits im Herbst 2011 sein neues Domizil beziehen konnte, sind noch immer Bedienstete am Standort Rudolstadt tätig und zudem verfügt es Ende 2012 im Bereich der engeren Schulaufsicht bereits jetzt über eine auffällig dünne Personaldecke.

Alle fünf Schulämter leiden sowohl unter der Ausdünnung der Fachreferenten als auch unter deren zahlenmäßig ungleichen Verteilung. Bei den Schulpsychologen reicht die Besetzungsspanne von vier bis neun! Rein formal erreichen einige Referate in dem einen oder anderem Amt durch die unsymmetrische Personalverteilung bereits jetzt annährend die seitens des Ministeriums angestrebte Stellenzahl, mit der Folge, dass die Zahl der zu beaufsichtigenden Schulen in einigen Referaten aus unserer und Sicht der Betroffenen ein nicht mehr zu bewältigendes Maß angenommen hat. Im Grundschulbereich betreut ein Fachreferent jetzt bereits im Durchschnitt 42 Schulen und das in einem deutlich vergrößerten Einzugsbereich. Mit einem solchen Durchschnittswert erreicht Thüringen nicht etwa bundesweite Vergleichswerte. Thüringen wird damit Spitzenreiter im negativen Sinne. Dialogische Schulaufsicht mit beratender Funktion vor Ort ist so höchstens nur noch im Ausnahmefall oder allenfalls ansatzweise möglich.
Besonders deutlich wird das auch, betrachtet man einige weitere Eckwerte genauer.
Vor der Umgestaltung (Vergleichsjahr 2010) waren im Bereich der unmittelbaren Schulaufsicht 87 Fach-referenten tätig. Davon 18 Kolleginnen und Kollegen waren z.T. langjährig als erfahrene Schulpraktiker abgeordnet und ersetzten so erfolgreich Bedienstete in der Freistellungsphase der Altersteilzeit.
Zum 1. November diesen Jahres sind noch 57 Bedienstete in der engeren Schulaufsicht beschäftigt, davon noch 4 auf Abordnungsbasis. Das entspricht einer Personalreduzierung von 34,5 %. Ein solch gravierender Einschnitt in einem Einzelbereich der Landesverwaltung ist ohne Beispiel!
Im Grundschulbereich – wie oben bereits genannt – führt das zu einem durchschnittlichen Betreuungs-verhältnis von 1:42. Im Einzelfall sind aber auch schon 50 und mehr Schulen von einem einzigen Schulaufsichtsbeamten zu beaufsichtigen, wobei die Zahlen zudem nur bei einer Urlaubs- und Krankheitsquote von 0 % gelten.

Vor dem Hintergrund, dass die Schularten FÖS, GYM und BBS schon jetzt in aller Regel nur von je einem Referenten betreut werden, ist es keine Seltenheit, dass eine Schulart wegen Urlaub oder Erkrankung über einen gewissen Zeitraum nicht fachgerecht beraten bzw. beaufsichtigt werden kann. Referate übergreifende Vertretungsregelungen, wie in der Vergangenheit oft praktiziert, greifen jetzt nicht oder nicht ausreichend, weil jeder Bedienstete ohnehin dauerhaft am Limit arbeitet.

Wenn sich die Hausführung des TMBWK nicht verdeutlicht, dass die unmittelbare Fachaufsicht der Thüringer Schullandschaft jetzt schon in eine z.T. grenzwertige Situation gekommen ist und ihren Verfassungsauftrag nur noch unter größten Anstrengungen des Personals nachkommen kann, wird die weitere Ausdünnung der Fachreferenten eine kontinuierliche und flächendeckende Beratung und noch mehr die lückenlose Fachaufsicht über die Schulen nicht mehr zulassen. Schulaufsicht vom Schreibtisch aus und nur nach Aktenlage sehen weder das Grundgesetz der Bundesrepublik noch die Länderverfassungen vor. Bereits Mitte der 90er Jahre hat das von dem renommierten deutschen Schulrechtler Prof. Battis erstellte Gutachten herausgearbeitet, dass die zweifellos notwendige, wachsende Eigenverantwortung der Schulen keineswegs die klassische staatliche Schulaufsicht entbehrlich macht.

Der Kabinettsbeschluss vom Vorjahr weist bekanntlich ein Abbauziel von insgesamt 52 Fachreferenten auf 35 aus, was einer Reduzierung von weiteren 22 Schulräten und Schulamtsdirektoren in den nächsten Jahren entsprechen würde. Durch Pensionierung und Eintritt in die Freistellungsphase der ATZ passiert das in der Regel automatisch und zudem zügig. Der Vorstand des VSLT hat hierzu eine detaillierte Analyse vorgenommen und will die Eckwerte hier nicht vorenthalten.

Allein durch die konkrete Altersstruktur der Bediensteten werden im jeweiligen Jahresdurchschnitt im Arbeitsbereich 2 im Jahr

2013   51,
2014   47 und
2015   nur noch 39

Schulaufsichtsreferenten aktiv im Schulaufsichtsdienst tätig sein.
Ohne Nachbesetzungen würde die Zahl der Fachreferenten 2015 zwischen neun im Schulamt West und fünf im Schulamt Süd variieren.
Im Schulamt Süd müsste die verbliebene Grundschulreferentin dann 80 und der Regelschulreferent mehr als 40 Schulen betreuen. Dass so weder sachgerechte Beurteilungen der Schulleiter zu erstellen sind, noch die laufenden Geschäfte mit der erforderlichen Gründlichkeit, muss nicht besonders betont werden.

Ohne Nachbesetzungen sähe die personelle Absicherung der Schulaufsichtsreferate 2015 wie folgt aus:

  Soll
SSA
Soll
ges.
Nord Mitte West Süd Ost ges.
SAL 1 5 1 1     1 3
GS 1 5 2 2 2 1 3 10
FÖS 1 5 1 1 1 1 1 5
RS/TGS 2 10 2 2 2 1 1 8
GY 1 5 2 1 2 1 1 7
BS 1 5   1 1 1 1 4
SchE 1 5 1 2 1   1 5
  8 35 8 9 9 5 8 39

Der Betreuungsschlüssel würde sich auf die folgenden Werte erhöhen:

Grundschulen 1:46,5
Förderschulen 1:16,4
Gymnasien/Gesamtschulen 1:14,8
Regel-/Gemeinschaftsschulen 1:30
Berufsschulen 1:28,5

Zweifellos war der Thüringer Betreuungsschlüssel in der Vergangenheit mit Abstand bundesweit der beste. Vor dem Hintergrund ehrgeiziger Reformvorhaben des Kultusministers ist nicht zu verstehen, warum Thüringen im Bereich der unmittelbaren Schulaufsicht alle anderen Bundesländer im Rückwärtsgang deutlich überholen soll.

Der VSLT befürchtet allerdings, dass vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Ministers, die im Kabinettsbeschluss fixierte Stellenzahl von 35 tatsächlich auch im Haushalt umzusetzen und eingedenk des Umstandes, dass 2015 allein 11 A15-Stellen (SAD) und 3 A14-Stellen (Schulrat) für freigestellte Beamte in der Altersteilzeit vorgehalten werden müssen, ein Blockierungsautomatismus greift, der jeder Nachbesetzforderung entgegen gehalten werden könnte.
Vor dem Hintergrund des auch räumlich deutlich vergrößerten Einzugsbereiches zeichnet sich ab, dass von der von uns in den zurückliegenden Jahren überwiegend erfolgreich praktizierten dialogischen Schulaufsicht in der Tat nicht mehr als der Name übrig bleibt. Schulleiter sähen ihren Referenten bestenfalls einmal binnen Jahresfrist und innerhalb der regionalen Zusammenarbeitsstrukturen würde der Platz des Schulamtsmitarbeiters immer öfter unbesetzt bleiben müssen. Der bislang gute Ruf der Schulämter nähme auf Dauer irreparabel Schaden.

Nicht weniger einschneidend wird in den Schulämtern nach wie vor die mit der Versetzungsaktion einhergehende Fluktuation von gut zwanzig Sachbearbeitern in andere Behörden empfunden, von denen bisher nur punktuell einige wenige ersetzt wurden. Zudem sind weitere Versetzungswünsche anhängig. Die durchgehende Nachbesetzung der verwaisten Stellen lässt auf sich warten und so wachsen die Berge unerledigter Arbeit mit der Folge, dass die verbliebenen Personalsachbearbeiter sich mehr und mehr überlastet fühlen.
In der Tendenz meinen wir zu erkennen, dass im Finanzressort ungeduldig darauf gewartet wird, dass hochdotierte Referenten- in preiswertere Sachbearbeiterstellen umgewandelt werden können.

Obwohl mit einer Ausstattung von durchschnittlich zwei Volljuristen je Amt ein bundesweit guter Durchschnitt gehalten wird, besorgt uns die spürbare Zunahme von Rechtsstreitigkeiten sowohl im Personal- als auch im schulrechtlichen Bereich. Das Arbeitszeitpotential der Juristen wird zunehmend von derartigen Angelegenheiten in Anspruch genommen und schmälert die Befriedigung des auch weiterhin inneramtlich notwendigen Beratungsbedarfes deutlich.

Von der Hausspitze des TMBWK ursprünglich angekündigten, mit der Ämterreduzierung einher-gehenden Konzentration auf die schulaufsichtlichen Kernaufgaben, ist bislang innerhalb der konkreten Dienstführung in den Ämtern nichts zu bemerken. Eine neue Geschäftsordnung ist, wie es aus dem Ministerium heißt, noch im Geschäftsgang und so läuft in den Ämtern weitgehend ein Findungsprozess, und man spürt deutlich (und schmerzhaft) die Demotivation nicht weniger, früher hochengagierter Mitarbeiter.
Im Ministerium – so scheint es zumindest – nimmt man davon nichts wahr und meint offenbar, mit der Schulämterreform sei ein großer Wurf gelungen – Vorbild quasi für die noch ausstehende Verwaltungsreform in Thüringen.
Wir hingegen meinen, dass eine gut funktionierende Schulaufsicht in der Vergangenheit gerade jenes Instrument war, welches am genauesten Chancengleichheit und Aufstiegsmöglichkeiten jedes einzelnen Kindes maßgeblich sichern half. Das sollte auch in der Zukunft gelten! Gesetze und Verordnungen, seien sie auch noch so durchdacht, erreichen das nicht allein und auch keine „Schulaufsicht vom Schreibtisch“ aus.

Der VSLT ist nach wie vor der Auffassung, und er wird durch die Schulamtsbesuche darin bestätigt, dass die Prämissen für die Reform falsch gesetzt sind. Falsch gesetzt deshalb, weil zum einen dem Umbauprozess vorausgehende, wissenschaftlich gestützte und das Personal der staatlichen Schulämter einbeziehende Aufgabenkritik ausgelassen worden ist und die Denkansätze der Hausführung erkennbar wesentlich durch Einsparbemühungen determiniert waren. Zum anderen wurde nach unserer Auffassung die Rolle der Schulaufsicht als bedeutendes Steuerungsinstrument im Prozess der Entwicklung des Thüringer Schulwesens nicht genügend erkannt und schließlich wurden diejenigen Erfahrungen, die in dem von uns über nahezu zwei Jahrzehnte gestalteten Transformationsprozess des früheren Schulsystems gewonnen wurden, nicht in die Überlegungen zum Umbau der Schulaufsicht einbezogen.

Schlussfolgerungen für die Weiterführung des Reformprozesses

Der VSLT zieht aus der vorausgegangenen Sachstandsanalyse die nachfolgenden Schlussfolgerungen:

  1. Die Geschäftsordnung der Staatlichen Schulämter muss nachgebessert werden. Das betrifft sowohl die Beschreibung der Kernaufgaben der Schulaufsicht unter den veränderten Bedingungen als auch die Definition derjenigen bisherigen Aufgaben, die künftig nicht mehr von den staatlichen Schulämtern wahrgenommen werden sollen bzw. die nicht mehr in deren Zuständigkeit fallen sollen.
    Der VSLT schließt nicht aus, dass unter Zuhilfenahme einer externen Unternehmensberatung oder einer Universität die bisher unterlassene Aufgabenkritik nachgeholt werden könnte, um so zu einer objektiven Bewertung des Aufgabenspektrums der unteren Schulaufsicht in Thüringen zu gelangen. Eine externe Evaluierung könnte ebenso die weitere Umsetzung der Schulämterreform begleiten, dabei Effektivitätsreserven aufdecken, Arbeitsprozesse vereinfachen helfen, Routinen kritisch hinterfragen etc.
  2. Wir sehen die unbedingte Notwendigkeit, die im Laufe des Versetzungsverfahrens ausgeschiedenen Sachbearbeiter und Bürosachbearbeiter zeitnah spätestens im 1. Halbjahr 2013 durch Umsetzung aus anderen Behörden oder Neueinstellungen zu ersetzen.
  3. Die Zielstellung für die künftige stellenmäßige Ausstattung der unmittelbaren Schulaufsicht mit pädagogisch qualifizierten und berufserfahrenen Bediensteten muss überdacht und im Licht der Aufgabenkritik neu formuliert werden.
    Vorerst sehen wir die Notwendigkeit eines Moratoriums ab dem 1. Januar 2013 und zwar in der Weise, dass keine weitere Ausdünnung der Personaldecke im Bereich der Fachreferenten zugelassen wird. Das kann dadurch geschehen, dass alle, ab dem 1. Januar 2013 durch Altersteilzeit, durch Erreichen des regulären oder vorgezogenen Pensionsalters oder durch den Eintritt einer dauerhaften Dienstunfähigkeit ausscheidenden Fachreferentinnen und -referenten zunächst durch Abordnungen, verbunden mit dem Ziel der Bestellung nach Bewährung in der Probezeit ersetzt werden. Auf diesem Weg kann und sollte die nach dem Versetzungsverfahren z.T. disproportionale Stellenbesetzung ausgeglichen werden.
    Der VSLT merkt dazu an, dass nach seinen Feststellungen im Haushaltsentwurf der Thüringer Landesregierung für den Doppelhaushalt 2013/2014, Einzelplan 04, für die staatlichen Schulämter (0403) unter der Position „Bezüge der Beamten und Richter“ für 2013
    5 A16-Stellen (ltdr. Schulamtsdirektor)
    25 A15-Stellen (Schulamtsdirektor)
    36 A14-Stellen (Schulrat) und
    12 A13-Stellen (Schulrat)
    eingestellt sind.
    Das sind 6 Stellen mehr als sich 2013 im tatsächlichen Personalbestand (aktiv + ATZ-f) befinden und zu besolden wären. Berücksichtigt man, dass die beiden A16-Stellen für die 2013 nachzubesetzenden Schulamtsleiterstellen benötigt werden, ergibt das zwei ungebundene A14- und zwei A13-Stellen.
    Im darauf folgenden Haushaltsjahr erhöht sich die Differenz auf drei A14- und fünf A13-Stellen plus eine Stelle A16, die wiederum zur Nachbesetzung des 2014 ausscheidenden SAL des SSA Westthüringen benötigt wird. Aufgrund dessen, dass im Haushaltsgesetz 2012 die ausgebrachten Stellen mit der tatsächlichen Zahl der Beamten übereinstimmen, gehen wir davon aus, dass es sich bei der „Stellenreserve“ im Haushaltsansatz 2013 und 2014 nicht um einen Rechenfehler handelt, sondern dass damit bereits ein Nachbesetzungskorridor eröffnet werden soll.
  4. Die Struktur der Schulämter mit Arbeitsbereichen und Referaten auf der einen Seite und drei Leitungsebenen auf der anderen Seite, z.T. verbunden mit Fällen, in denen Bedienstete gleich drei Funktionen ausüben (ABL, RL, Ref.), muss nochmals überdacht und auf seine Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit hin überprüft werden. Moderne Verwaltungen zeichnen sich nach heute verbreiteter Ansicht durch flache Hierarchien und klare Zuständigkeitsregelungen aus, was wir gegenwärtig nicht gewährleistet sehen.
    Unmittelbar in diesem Zusammenhang steht die Kommunikationsstrategie und -kultur zwischen Ministerium und den Schulämtern. Sie bedarf einer Neuausrichtung u.a. mit dem Ziel der Vermeidung von Mehrgleisigkeit, sich widersprechender oder ausschließender Anordnungen, zu eng gesetzter Termine etc.
    Die Führsorgepflicht des Dienstherren impliziert auch die Vermeidung von dauerhafter Überbelastung der Beamtinnen und Beamten und damit trägt sie dazu bei, die Arbeitsfähigkeit der Schulämter kontinuierlich zu sichern.
    Schließlich sehen wir auch die Notwendigkeit, Beratungen auf Referentenebene wieder regelmäßig vorzusehen, damit Informationsverluste vermieden und die Fachlichkeit von Beratungen wieder erhöht werden kann.
  5. Als Interessenvertreter der Bediensteten und Fachgewerkschaftler kommen wir nicht umhin, die Fortführung einer sachgerechten Besoldung zu fordern. Bei der Besoldung der Referenten in der Schulaufsicht lag der Freistaat Thüringen bereits im Vergleich aller Bundesländer, auch der neuen am Ende der Skala. Vergleicht man allein Sachsen mit seinem bekannten Sparhaushalt, so stellt man fest, dass in dessen Haushalt, Position Schulaufsicht unvergleichbar mehr Stellen im Bereich A14…A16 verankert sind, als Thüringen je hatte. Thüringenweit künftig lediglich 5 A15-Stellen vorhalten zu wollen und die Bediensteten der Schulaufsicht überwiegend mit A13 zu besolden, lehnen wir ab und es trifft zudem in der gesamten KSD auf völliges Unverständnis.
    Ohne hier näher auf das Battis-Gutachten einzugehen, in dem die Grundsätze der Besoldung von Schulräten Mitte der 90er Jahre postuliert wurden, bestand in der Bundesrepublik immer Konsens, unabhängig davon, welche Partei jeweils die Landesregierung führte, dass sich die Besoldung von Schulräten an der anderer Führungspositionen im Schulwesen zu orientieren hat, in aller Regel ein Amt höher angesiedelt ist, als das des Schulleiters der jeweiligen Schulart.
    Wenn die Thüringer Landesregierung in Zukunft etwa 2/3 aller Schulräte in A13 einordnen will, handelt sie nicht nur gegen diesen Konsens, sondern stellt zugleich den Grundsatz der amtsangemessenen Besoldung in Frage, eine der tragenden Säulen der Verlässlichkeit im Öffentlichen Dienst. Besoldungsreduzierungen wegen vorgeblicher Haushaltszwänge würden das gesamte, lange gewachsene Besoldungsgefüge innerhalb der Laufbahnen in Frage stellen und müssen deshalb zwangsläufig in der Beamtenschaft auf energischen Widerstand stoßen.

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